The Riggerknife of the Bundesmarine

Hallo,
hier möchte ich Euch mal ein bisschen über ein vom mir sehr geliebtes, einfaches, extrem robustes Taschenmesser berichten, dessen Nachforschungen mich recht viel Zeit, E Mails und Telefonate gekostet hat.
Es handelt sich um das Bordmesser der Bundesmarine.

Merkwürdigerweise findet man keinerlei Informationen über dieses Messer.

Dieses Bordmesser wurde ab 1958 an alle Ränge der Marine ausgegeben, außerdem benutzen es die Taucher der Pioniere und es gehört zur Standart Ausrüstung der U-Boote.

Auch das THW verwendet dieses Messer, teilweise in etwas anderer Ausführung.

Es handelt sich um ein sehr sehr robustes Klappmesser mit ca. 130gr und einer 3,7mm starken Klinge aus sehr rost resistentem 1.4116 (C45CrMov15) und feststellbarer Marlspieker, dieser später, wohl spätestens ab 1992, mit Kapselheber. Bei den früheren Modellen von OFW und IROKA ist der Marlspiker und auch die Feder noch aus Kohlenstoffstahl und der Marlspiker dunkel brüniert, obwohl die TL von 1974 als Feder den 1.4034 vorgibt. Der Marlspiker wurde laut TL mehrmals überarbeitet, so finden sich Bordmesser von JS ohne Flaschenöffner (vor 1992) in rostfreiem Stahl 1.4116.
Der Kapselheber wurde Gerüchten zufolge angebracht, damit die Soldaten das Messer auch tatsächlich mit sich tragen, sonst blieb dieses wohl häufiger im Spint liegen.
In einem Marine Forum habe ich gehört, dass so mancher so ein Messer schon seit fast 40 Jahren zum Segeln benutzt, die halten wohl für immer und ewig. Alleine die Messing Erle sind 1,2mm stark.

Datenblatt Bordmesser TL 5110-0001

Die Nieten der Klinge und Marlspiker stehen leicht über und können so leicht nachgestaucht werden.

Die Stifte der Feder sind bei späteren Modellen plangeschliffen, lediglich bei OFW etwas erhaben.

Laut TL soll der Feststellheber unter Spannung auf dem Klingenrücken aufliegen ohne sich zu heben... das tut er jedoch bei ALLEN Messern die ich gesehen habe. Eventuell wurden diese Messer aufgrund dieses "Defekts" bei der Marine aussortiert und gelangten so auf den zivilen Markt?

Fangen wir an, vor langer Zeit, ich war so ca. 5 Jahre alt. In der Nähe des Hauses meiner Eltern wurde jedes Jahr ein riesiges Osterfeuer veranstaltet, am nächsten Tag ging ich dort hin um mir die Reste anzusehen und fand im Grass eins dieser Messer.
Im gleichen Augenblick stand ein gleichaltriger Junge neben mir der sagte "Das gehört meinem Freund ···" (später wurde dieser Junge zu einem meiner besten Freunde). Also gab ich brav das Messer wieder ab.
Viele Jahre später, beim Biertrinken im Hause dieses Freundes ··· sah ich auf dem Tisch dieses Messer liegen  sein Vater hatte es wohl von der Marine mitgebracht.
So eins wollte ich auch mal haben, aber es gab lediglich bei "Toplicht" eine zivile Version von Herbertz, außerdem nicht gerade günstig.
Beim Ranger-Shop wurde ich fündig und besorgte mir 6 Stück für jeweils knapp 6,-€ (gebraucht) wovon ich die beiden besten behielt.

Später habe ich nochmal eine grosse Bestellung von 25 Messern gemacht und wiederum die Messer, die ich noch suchte (JS und OFW), für mich behalten.
Die gebrauchten Messer waren von "Unbenutzt" bis "extrem missbraucht", aber selber die extrem Missbrauchten liessen sich durch Stauchen der Niete und neuen Anschliff, wieder richten. Viele waren total stumpf und mit marine-grauer Farbe verschmiert, wurden wohl zum Rost- und Farbe-Kratzen verwendet.

Zu dieser Zeit gab es keinerlei Information zu diesem Messer, irgendwo fand ich die TL vom Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung.
Mit der Zeit, nach vielen Emails, Telefonaten und einem guten Tip eines freundlichen, älteren Mitarbeiters des BWB (der konnte mir sagen, dass irgendwann mal ein "Jürgen Stamm" Zulieferer des BWB war, daraufhin habe ich Jürgen Stamm kontatkiert und dieser hat mir die Zusammenarbeit bestätigt) konnte ich folgende Hersteller ausfindig machen. Dabei ist es teilweise nicht bekannt, ob die Messer selber hergestellt wurden oder lediglich irgendwo anders in Auftrag gegeben wurden, wie z.B bei Dr.Feike.
Dr.Feike ließ diese Messer über die "Consorzio Cotellinai" in Italien bei FOX fertigen. Später dann lieferte FOX direkt ans das BWB. Diese Information habe ich von Herrn Dr.Feike und liess mir die Zusammenarbeit von der "Consorzio Cotellinai" und später FOX bestätigen.
Zu dieser Zeit wurde das Etat ganz gewaltig reduziert, da von den jährlich gelieferten 100.000 Stück (!!!) nur wenige von den Soldaten zurückgegeben wurden, die meisten wurden "verloren".
Durch die Reduzierung des Etats konnte Dr.Feike nicht mehr mit den Italienern konrurrieren.

Also, hier die bisher ausfindig gemachten Hersteller / Beschaffer

· Kuno Ritter alias Hubertus fertigte vor 58 ein Bordmesser ähnlich der englischen Bordmesser. Hier einmal Hubertus und LEO Solingen.

· Hugo Köller, Solingen 1958 bis ca. Mitte der 70er Jahre

· CCM bis Anfang der 70er Jahre

· Carl Wittgens, Solingen (IROKA) bis Mitte der 70er Jahre

· Otto Förster Witzhelden (OFW) bis Ende der 70er, Anfang 80er Jahre (82)

· Jürgen Stamm (JS) 80er-90er Jahre, sowohl mit als auch ohne Flaschenöffner.

· Dr.Feike (Hergestellt von FOX)

· Büscher & Hertzberg, Eisenach (B&H) Anfang 90er Jahre

· FOX (Italien)

· TSR (eventuell Thomas Sturm Rottenburg)

Bis Mitte der 70er prangte noch der Bundesadler auf der Griffschale, später (wohl 74) wurde dieser dann durch den BUND Schriftzug abgelöst.

Teilweise findet sich das Herstellungsjahr eingeprägt unterhalb des Hebels.

Auf der TL sind fast alle Elemente des Messers mit 74 gekennzeichnet, bis auf den Marlspieker mit Kapselheber, dieser trägt 92, ich denke, dass dieser im Jahr 92 eingeführt wurde.

Ich selber habe von diesen Messern fünf Exemplare, OFW und IROKA, noch ohne Flaschenöffner, JS und FOX, sowie eins von Dr.Feike, welches mich auf jedem Urlaub an der Nordsee begleitet.

Mir wurde von der Bundesmarine mitgeteilt, dass die Bordmesser nicht mehr Teil der Ausrüstung der Marinesoldaten darstellen. Die Messer in der Kleiderkammer in Warnemünde tragen die Aufschrift TSR Rostfrei.

 

Ich freue mich immer über jegliche Information zu dem Thema!